Carl Garcke (1804-1888)

Carl Garcke wurde 1804 in Bleicherode bei Nordhausen geboren. Sein Vater Friedrich Garcke war dort preußischer Steuereinnehmer. Carl besuchte das Gymnasium in Quedlinburg bis Ende Secunda 1820 und lernte danach eineinhalb Jahre Landwirtschaft bei dem Pächter der Domäne Schlanstedt, Oberamtmann Rabe. Er blieb in Schlanstedt weitere drei Jahre als Verwalter. Danach leistete er den einjährigen Militärdienst bei einem Infanterie-Regiment ab.

Inzwischen hatte sein Vater, der zuletzt Rendant bei dem Hauptzollamt in Zeitz gewesen war, Mitte 1825 aus einer Versteigerung das Rittergut Wittgendorf übernommen, so dass Carl unmittelbar nach dem Militärdienst in Wittgendorf zu wirtschaften beginnen konnte. Infolge langer Verpachtung und wohl geringer Kontrolle durch die Eigentümer war das Gut in einem sehr schlechten Zustand. Es zu verbessern, nahm Carls ganze Kraft in Anspruch.

Carl verheiratete sich 1832 mit Sophie Graeser, der Tochter eines Gutsbesitzers in Prössdorf bei Lucka in Sachsen. Sophie hatte eine schwache Natur. Bald nach dem Tod ihres ersten Kindes starb sie im November 1835 vier Monate nach der Geburt des zweiten Kindes an Auszehrung als Folge der Niederkunft. Das Kind starb gleichfalls bald danach. Carls Verhältnis zu der Familie seiner ersten Frau blieb weiterhin eng. Sein Schwiegerater Jacob Graeser zog um 1844 nach Wittgendorf, wo er im Baronenhaus wohnte. Er starb in Wittgendorf 1864.

Carl verheiratete sich in zweiter Ehe im September 1836 mit Louise Kober, die 1814 im benachbarten Wildenborn geboren war. Carl und Louise hatten neun Kinder, sechs Mädchen und drei Jungen.

Carl wurde 1845 von den Rittergutsbesitzern im Gebiet des ehemaligen Stiftes Naumburg-Zeitz zum Abgeordneten im Provinziallandtag der Provinz Sachsen gewählt. In den folgenden Jahren tagte der Landtag aber nicht. Zum April 1847 berief König Friedrich Wilhelm IV. die Abgeordneten aller Landtage der Provinzen zu einem Vereinigten Landtag nach Berlin ein. Carl gehörte, wie im Provinzial-Landtag, zur Kurie der Ritterschaft. Anders als der König sich vorgestellt hatte, trugen die Verhandlungen des Landtages mit dazu bei, die seinerzeitige politische Krise im Lande zu verstärken. Sie war die Folge eines Gärungsprozesses, der während der dreißiger und vierziger Jahre ganz Deutschland erfasst hatte: den beharrenden Kräften, in Preußen verkörpert durch den König, den „Romantiker auf dem Thron“, von historisch-patriarchalischem, christlich-germanischem und ständischem Denken geprägt, wirkten entgegen die Antriebskräfte für Veränderungen: liberales Gedankengut, Verlangen nach politischer Mitbestimmung, in der Provinz Sachsen eine „Opposition im Talar“ gegen einen religiösen Ständestaat, beginnende Industrialisierung, Revolution des Verkehrs durch Eisenbahn und Dampfschifffahrt. Wirtschaftliche Krisen verstärkten das Streben nach Veränderung. Obwohl der Vereinigte Landtag keine Entscheidungsbefugnisse hatte, wurden seine Verhandlungen in ganz Deutschland lebhaft verfolgt. Hier wurden zum ersten Mal, außerhalb der eigentlichen Befugnisse der Versammlung, von Vertreter aus Gebieten vom Rhein bis Ostpreußen in erregten Debatten Fragen der politischen Verfassung angesprochen. Das Zögern des Königs, die erwiesene politische Ohnmacht der Versammlung erhöhten die Verbitterung im Lande.

Carl war von den Kräften für Veränderung nicht berührt. Er gehörte dem konservativen Lager an. Bei allen Abstimmungen stimmte er wie die Mehrheit seiner Standesgenossen in der Ritterschaft. Die Anträge zur Stärkung der Rechte des Vereinigten Landtags, zur Ostbahn-Anleihe, zur Emanzipation der Juden lehnte er ab.

Für Anfang April 1848 wurde ein zweiter Vereinigter Landtag einberufen, an dem Carl gleichfalls teilnahm. Im März waren aber schon in Berlin und anderen preußischen Städten revolutionäre Unruhen ausgebrochen. Der Vereinigte Landtag hörte auf zu bestehen.

An den ab 1851 wieder in Merseburg tagenden Provinzial-Landtagen der Provinz Sachsen nahm Carl teil.

Carl vertrat als Kreisdeputierter die Landräte in Zeitz vielfach und für lange Zeit. Er führte die Ritterschaftskasse und war Kreis-Feuersocietäts-Direktor.

Auch als landwirtschaftlicher Sachverständiger war Carl anerkannt. Als Anfang der 60er Jahre in Preußen für Steuerzwecke die landwirtschaftlichen Boden- und Wirtschaftsverhältnisse festgestellt werden sollten (Grundsteuerreinertrag), gehörte Carl neben fünf anderen Landwirten der für den Kreis Zeitz gewählten Veranlagungskommission an. Die Kommission bereiste im August und September 1861 den Kreis für elf Tage und verabschiedete eine von einem Sachverständigen entworfene, umfangreiche Kreisbeschreibung und die Aufstellung und Beschreibung der Wertklassen für Ackerland, Wiesen, Gärten und andere Nutzungen. Er gehörte gleichfalls der bei der Regierung in Merseburg für die Angelegenheiten der Separation gebildeten Regulierungskommission an.

1872 kaufte Carl in Zeitz in der Altenburger Straße ein Haus, das die Familie und die unverheiratete Tochter Louise bezogen, als er das Gut 1873 dem ältesten Sohn Curt übergab. In Zeitz konnten er und seine Frau noch lange den Ruhestand genießen. Beide starben in ihrem Zeitzer Haus, ohne vorher krank zu sein, Carl 1888, seine Frau 1897. Carl hinterließ Vermögen im Wert von 63 000 Mark (das bereits verkaufte Gut nicht berücksichtigt).

Carl hatte sich in das Album des Vereinigten Landtags 1847 in Berlin mit dem Spruch eingetragen „Es ist nicht nöthig, dass man bewundert, aber es ist nöthig, dass man gerechtfertigt werde.“ Dieser Spruch kann auch als das Leitmotiv angesehen werden, unter das er sein Leben gestellt hatte.